Nein. Diesmal ist der Hund unschuldig! (nicht wie im Klassiker von Werner Holzwarth). Es war ein männlicher Bambuslemur, der auf dem Weg zum Weibchengehege den an der Decke angebrachten Laufgang nutzte und dabei – ob willentlich oder nicht – mal eben seine Blase entleerte. Und just exakt auf den Kopf einer jungen Besucherin aus der Eifel.
Diese war, mit weiteren 15 Mädchen und 5 Jungen, am ersten Juliwochenende angereist, um hier in Begleitung von zwei erwachsenen Mitgliedern des Eifelvereins, Ortsgruppe Reifferscheid (Organisatorin der Veranstaltung), den Kölner Zoo und einige seiner Bewohner näher kennen zu lernen. Und innerhalb des 24-stündigen Aufenthalts hinter die Kulissen schauen zu dürfen.
Empfangen wurde die Gruppe aus der Eifel von vier Zoobegleiter*innen, die nicht nur über ein unglaubliches zoologisches Detailwissen verfügten, sondern auch für das leibliche Wohl zuständig waren oder kleinere Wehwehchen versorgten. Bereits an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an die vier ehrenamtlichen Zoobegleiter*innen. Ihr habt einen super Job gemacht!!!
Bevor das eigentliche Programm begann, wurden die Teilnehmer*innen auf die bereits aufgestellten Zelte verteilt. Die Jungengruppe belegte sofort und unkompliziert das 5-Personenzelt, während die jungen Damen etwas mehr Zeit benötigten, um ihre Zeltgenossin für die Nacht zu finden. Geschlechtsdimorphismus also auch beim Homo sapiens.
Die Zelte waren übrigens an einem ganz besonderen Platz aufgestellt, gegenüber dem alten Elefantenhaus. Wenn man sein Zelt verließ, fiel der Blick direkt auf das größte Tier, das derzeit im Kölner Zoo zu bewundern ist. Mit mal eben 35 Metern Länge und einem Gewicht von ca. 50 Tonnen schien der harmlose Argentinosaurus, der vor geschätzt 100 Millionen Jahren lebte, das Zeltlager zu bewachen. Ein wirklich absolut einzigartiger Zeltplatz.
Dann begann das Zooprogramm. Zunächst wurden für Erdmännchen & Co. Futtermengen zusammengestellt und in zuvor präparierte Behältnisse gefüllt. Nachmittags konnten die Jugendlichen dann beobachten, wie ihre gefüllten Kartons bei den Tieren ankamen. Die Waschbären zeigten dabei ein zivilisiertes, ruhiges Essverhalten, während es bei der Erdmännchengruppe eher temperamentvoll zuging. Hier wurde geschoben, gestritten und geschrien, um sich seinen Anteil an Nahrung zu sichern.
Ähnlich ging es bei den Pavianen zu, die am frühen Nachmittag ihre Portionen Äpfel, sozusagen als „Wurfgeschosse“, erhielten. Ihre Nahrungsaufnahme gestaltete sich folgendermaßen: Ein aufgefangener Apfel in die linke, der zweite in die rechte Backentasche gestopft und ein weiterer zwischen die Zähne geklemmt. Dadurch hatte man sinnigerweise nun die Hände frei, die man dann dem Revierpfleger in einer bettelnden Geste entgegenstrecken konnte. Hätten die Tiere zuvor tagelang hungern müssen, sie hätten sich nicht „affiger“ anstellen können.
Ein Pavianexemplar fiel besonders ins Auge. Das hatte es sich in einer überdimensionalen Wanne gemütlich gemacht, fing gelegentlich einen Apfel auf, verscheuchte unerwünschte Artgenossen aus seinem Zuhause und beobachtete aus sicherer Position das Affentheater um es herum.
Nächster Programmpunkt: Menschenaffenhaus.
Hier erfuhr die interessierte Gruppe unter anderem, warum die Gorillas alle dickbäuchig erscheinen. Die Tiere leiden keineswegs an Adipositas, sondern besitzen einen extrem langen Darm, den sie für die Verdauung ihrer großen Mengen an pflanzlicher Nahrung benötigen. Auf die Frage eines Jugendlichen, ob man denn die Gorillas voneinander unterscheiden könne, wurde auf die unterschiedlichen Nasenformen verwiesen. Die sind tatsächlich individuell einzigartig. Dem ungeschulten Auge entgehen solche Details, aber beim Betrachten von Fotos konnte man durchaus Unterschiede erkennen.
Die Flachlandgorillas des Kölner Zoos sind bodenbewohnende Tiere. Im Unterschied dazu leben die Orang Utans (wörtliche Übersetzung: Waldmensch) in freier Wildbahn im Wald, und hier auf Bäumen.
Dies konnte man sehr eindrucksvoll im Außengehege am Verhalten der Orang Utans erkennen. Dort saßen drei Weibchen, die mit der einen Hand nach Leckerchen im Gras suchten. Mit der anderen Hand hielten sich die Tiere dauerhaft an den Seilen, die überall aufgespannt waren, fest. Bei Bedrohung können sich die Orang Utans damit sehr schnell in luftige Höhen schwingen. Dorthin, wo sie eigentlich und ursprünglich zu Hause sind. Nämlich in den Baumwipfeln.
Dann stand der Besuch von Flusspferd, Nashorn und Elefant an. Die Jugendlichen stellten unter Anleitung der Revierleiterin ein Büfett für die drei Flusspferde zusammen, und konnten dann auch aus einer Entfernung von geschätzt vier-fünf Metern (selbstverständlich hinter Gittern) die Tiere bei ihrer Abendmahlzeit beobachten. Ein einzigartiges Erlebnis, das von den „normalen“ Zoobesuchern von gegenüber aus mit neidischen Blicken verfolgt wurde.
Das anschließend besuchte Spitzmaulnashorn diente als sehr gutes, und gleichzeitig sehr trauriges Beispiel für Gespräche über Artenschutz, Bedrohung von Tieren in freier Wildbahn usw. Auch das gehört zum Programm des Kölner Zoos: Kinder und Jugendliche dafür zu sensibilisieren, dass viele Tierarten aus reiner Profitgier getötet werden. Damit man einen schönen Pelz, eine Elfenbeinstatue oder vielleicht sogar einen aus Gorillabein gefertigten Schemel veräußern kann.
So erklärte ein Zoobegleiter, dass gerade die Jagd auf Spitzmaulnashörner dazu geführt hat, dass diese Tierart im Bestand extrem gefährdet ist. Um dem ein wenig entgegenzuwirken, hat man in Südafrika eine größere Fläche wie in einem Hochsicherheitstrakt umzäunt, damit hier eine Population von Spitzmaulnashörnern frei und ungefährdet leben kann. Eine Maßnahme, die auch durch Eintrittsgelder des Kölner Zoos mitfinanziert wird!
In diesem Zusammenhang wurden den Eifeler Jugendlichen die Begriffe Artenschutz, Stammbäume und Zuchtprogramme erklärt. Gerade Letzteres führt dazu, dass sich in allen Zoos die Anzahl von Tieren und die Individuen selbst häufig ändern. Gen-Datenbanken sollen dabei Inzucht vorbeugen und für einen gesunden Genpool sorgen. Mit anderen Worten: Ein Zoo ist nicht nur ein reiner Aufenthaltsort für Tiere, sondern ebenso eine wissenschaftliche Einrichtung, in der geforscht und gezüchtet wird.
Nach einem einfachen, aber guten Abendessen stand unter anderem der Besuch bei den Elefanten an. Dass diese Dickhäuter sehr sensibel sind und über ein extrem ausgeprägtes Sozialverhalten verfügen, wussten viele. Dass die Dickhäuterdamen aber auch auf Kommando pinkeln können, war allen unbekannt.
Am zweiten Tag sollte die Teenager-Gruppe weitere Details über das Leben dieser sympathischen Tiere erfahren. Erst einmal aber galt es, über dem bereits lodernden Lagerfeuer Stockbrote zu backen – ein Highlight, das sich keines der Kinder entgehen ließ. Entsprechend gut war dann auch die Laune.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die 21 Jugendlichen äußerst harmonisch miteinander umgingen, obwohl sich viele Kinder nicht kannten und auch das unterschiedliche Alter (zwischen 11 und fast 16 Jahren) zu Problemen hätte führen können. Ein Zoobegleiter beschrieb dann auch die Gruppe als sehr ruhig, einträchtig und vielseitig intererssiert.
Das Motto des Eifelvereins (Ortsgruppe Reifferscheid) – fair, stark, miteinander – haben die jungen Besucher*innen aus der Eifel auf diesem 24-Stunden-Trip vorbildlich umgesetzt.
Nachdem die Teigschüssel geleert war, stand ein letzter Punkt auf der Tagesordnung: Besuch bei Reptilien und Fischen. Höhepunkt diesmal: Das Streicheln einer Python. Ein zwar kleines Exemplar, aber trotzdem eine Würgeschlange. Und nicht eines der Mädchen und Jungen zeigte Berührungsängste.
Nach diesen Tageseindrücken waren die Kids platt. Es dauerte nicht lange (kurz nach 23:00 Uhr), und schon herrschte Ruhe im Zeltlager. Nur die Erwachsenen waren noch aufgeblieben, bewachten bei Sprudelwasser und guten Gesprächen das Feuer, bis dieses nahezu vollständig runtergebrannt war, und legten sich dann ebenfalls zu Argentinosaurus Füßen in ihren Zelten zur Ruhe.
Gerne hätten einige am frühen Morgen eine erste, besuchsfreie Runde durch den dann noch ruhigen Zoo gemacht, bevor man sich zum Frühstück zusammensetzte. Da aber die meisten Mädchen und Jungen erst kurz vor 9:00 Uhr aus ihren Zelten krabbelten, entfiel der Rundgang.
Fit waren dann aber alle beim letzten Programmpunkt dieser Veranstaltung: Das Elefantenhaus, seine Bewohner und ihr tägliches Training. Gelegentlich kann man im Fernsehen solche Trainingseinheiten sehen, aber direkt vor diesen riesigen Gesellen zu stehen, zuzusehen, wie die Tiere auf Kommando Füße zur Untersuchung hinhalten, sich auf die eine, dann auf die andere Körperseite legen oder am Gitter ein Ohr für eine vermeintliche Blutprobenentnahme präsentieren, war einfach nur „cool“. Das beeindruckendste und für die meisten schönste Erlebnis des Zoobesuchs war allerdings die Fütterung der 2-jährigen Sarinya. Jeder, der wollte – und natürlich wollten alle – durfte dem Elefantenmädchen eine Möhrenscheibe hinhalten, die das Tier dann mit seinem Rüssel aus der ausgestreckten Hand nahm. Giganten zu füttern ist echt gigantisch.
Dann fand auch schon die Abschiedsrunde statt. Gefragt, was den jungen Besucher*innen am besten gefallen habe, begannen alle Sätze mit „es war alles echt cool...“. Einziger Kritikpunkt: Zu wenig Teig für Stockbrote. Na ja, damit kann der Zoo wohl leben!
Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle an den Kölner Zoo, der derartige Projekte anbietet. Insbesondere natürlich Dank an die vier wirklich sympathischen, stets hilfsbereiten und außerordentlich fachkundigen Zoobegleiter*innen, die nahezu alle Fragen der Jugendlichen beantworten konnten.
Last but not least ein großes Dankeschön an unseren Hauptjugendwart Bernd Hupp, ohne den diese und viele andere Veranstaltungen des Eifelvereins, Ortsgruppe Reifferscheid, nicht möglich wären.
Und als kleines Trostpflaster für die eingangs erwähnte junge Dame: Wer von uns kann schon behaupten, dass ihm ein Bambuslemur auf den Kopf gepinkelt hat?
Wirklich niemand!
Text: Dr. Annegret Walgenbach